Vor jedem Spiel unserer Nordmänner wird ein gegnerischer Fan mit einer Handvoll Fragen gelöchert, was Euch einen ersten Überblick über das Team gegenüber geben wird. Für detailreiche Analysen sind darauf folgende Veröffentlichung wie die Preview und der purple people talk verantwortlich. Alles hier gebündelt auf mvfg.de. Viel Spaß!
Gesprächspartner:
Packers-Fans Max (@kaeskopfde von @packersgermany) & Rene (@reneheimke)
Season-Preview von Rene:
https://www.spox.com/myspox/group-blogdetail/season-preview–green-bay-packers,223651.html
‚1. Green Bay verpasste 2018 zum zweiten Mal in Folge die Playoffs. Daraufhin wurde im Coaching Staff zum Rundumschlag ausgeholt und unter anderem auch der langjährige Head Coach Mike McCarthy entlassen. Was sind die Erwartungen für die kommende Saison und was gibt Mut zur Besserung?
Rene: Bezüglich Erwartungshaltung ist das eine zwiegespaltene Sache: Einerseits hat man einen neuen Head Coach und darf nicht direkt davon ausgehen, dass das neue Scheme etc. direkt greifen. Andererseits wäre ich ungern in und um Lambeau anwesend, sollte man das dritte Mal in Folge die Playoffs verpassen. Man muss hierbei natürlich beachten, dass Aaron Rodgers nicht jünger wird und seine Leistungen in den letzten Jahren abgebaut haben und im Gegenzug Verletzungen häufiger geworden sind. Die Trennung von McCarthy war meiner Meinung nach unumgänglich; die Entscheidung für einen Rookie-HC in Matt LaFleur kam für mich überraschend. Liefert LaFleur nicht und man “verschenkt” ein weiteres Jahr mit seinem Franchise-QB, könnte es in Green Bay noch (deutlich) unruhiger werden.
Max: Die erste Saison unter einem neuen Head Coach ist immer schwierig, daher sollte man von der neuen Offense noch nicht allzu viel erwarten. Ich gehe eigentlich davon aus, dass ein paar gute, offensiv ansehnliche Spiele dabei sein werden, aber mindestens genauso viele, in denen die Offense nicht vom Fleck kommt, wie gegen Chicago gesehen. Die Defensive dürfte im zweiten Jahr unter Defensive Coordinator Mike Pettine einen gewaltigen Schritt nach vorne machen. Das hat sie gegen Chicago bereits unter Beweis gestellt. Die Kommunikation der Spieler untereinander hat sich um einiges verbessert. Mike Pettine verfolgte bereits in seiner Zeit bei den Jets das Prinzip, dass besondere Schlüsselspieler sein verlängerter Arm auf dem Feld sind. In der Packers-Defensive funktioniert das jetzt wohl wunderbar: So gab etwas Ex-Bears Safety Adrian Amos sein Wissen an Cornerback Tramon Williams weiter – was für die Amos-Interception sorgte, die letztendlich das Spiel entschied.
Wenn sich die Offense der Packers jetzt noch entsprechend weiterentwickelt, dürfte Green Bay bald wieder ein Super Bowl Contender sein. Hier verläuft die Entwicklung wohl diametral zu den Vikings. Für diese Saison erwarte ich aber noch keine Höchstleistungen, alles über einem ausgeglichenen Rekord kann LaFleur definitiv als Erfolg verbuchen. Eine Playoff-Teilnahme wäre schon enorm.
2. Wo siehst Du Stärken und Schwächen in Green Bays Kader?
Rene: Hat meinen QB wie Rodgers in seinen Reihen, sollte das Passing Game eigentlich deine größte Stärke sein. Doch dafür muss Rodgers liefern – und das nicht nur in Verbindung mit Davante Adams, sondern auch mit Geronimo Allison, MVS und co. Die Offensive-Line sollte auch 2019 wieder zu den besseren der Liga gehören, wenn auch die Guard-Positionen um Lane Taylor und FA-Verpflichtung Billy Turner im Vergleich zu den Tackle-Positionen um Bryan Bulaga und David Bakhtiari bzw. dem Center Corey Linsley etwas mehr Sorge bereiten. Hier könnte Rookie Elgton Jenkins, der ein starkes Camp hatte, früh auf viele Snaps kommen. Auf der anderen Seite des Balles sehe ich die Safeties um Rookie Darnell Savage und FA-Verpflichtung Adrian Amos, als auch die komplett neue OLB-Starter Gruppe um Smith&Smith als stärkste im Kader an.
Als klar schwächste Positionsgruppe sehe ich die ILB-Position im Packers-Kader – trotz Blake Martinez. Raven Greene war hier gegen die Bears in 56/73 Snaps als Hybrid-LB auf dem Feld; hier fehlt es im Roster nach Oren Burks’ Verletzung einfach an Alternativen. Ob BJ Goodson, der via Trade von den Giants kam, hier hilft, bleibt vorerst abzuwarten.
Max: Die größte Schwäche sehe ich auf der Backup Quarterback-Position. Tim Boyle spielte in der Preseason und im Training Camp zwar ordentlich, aber auf keinen Fall überragend. Und DeShone Kizer war so schlecht, dass er sogar entlassen wurde.
Schwächen sehe ich weiterhin in der Tiefe des Kaders. Was passiert, wenn die ersten Starter ausfallen? Sowohl bei Safeties, als auch bei den Inside Linebackern und der Offensive Line ist die Personaldecke sehr dünn. Das dürfte insbesondere im zweiten Spiel unserer Teams interessant werden.
Die Wide Receiver sind das große Fragezeichen. Neben Davante Adams regieren Talent und Unerfahrenheit gleichermaßen.
Die größten Stärken sehe ich in der ersten Defense. Preston Smith, ZaDarius Smith und Kenny Clark sind erfahrene NFL-Spieler mit unglaublichem Druck auf die O-Line. Doch da hört es nicht auf: Als Lineman würde ich vor Rashan Gary, dem Erstrundenpick dieses Jahres und Kingsley Keke, einem weiteren Draft Pick, genauso Angst haben. Gepaart mit einer enorm guten Coverage im Backfield in Person von Jaire Alexander, Kevin King (solange er sich nicht verletzt), Adrian Amos und Darnell Savage ist diese Defense brandgefährlich. Gepaart mit dem Scheme von Mike Pettine, freue ich mich dieses Jahr tatsächlich besonders auf die Defense.
Oh, und noch eins: Insbesondere das Run Game dürfte es gegen diese D-Line sehr schwer haben. Wenn wir Kirk Cousins zum Werfen zwingen können, dürfte das defensiv interessant werden. Noch eine kleine Spitze muss erlaubt sein: Was ist der Zweck, einem Quarterback 84 Mio. Dollar zu bezahlen, wenn man ihn dann nicht einsetzen will?
3. Was erwartest Du als Packers-Fan von Minnesota dieses Jahr?
Rene: Ich muss zugeben: Aus Zeitgründen hab ich vom Season-Opener gegen die Falcons bisher leider kaum etwas gesehen. Die Vikings werden auch dieses Jahr wieder eine Top 5-Defense haben, da lege ich mich fest. Starker Pass-Rush, ein auch in der Tiefe tolles CB-Corps, dazu ein klasse Safety-Duo in Harrison Smith und Anthony Harris. Diese Defense wird so manch noch so potente Offense vor Probleme stellen. Offensiv hat man wohl eines der besten WR-Duos der Liga und einen RB in Dalvin Cook, der, sollte er gesund bleiben, klasse Zahlen auflegen wird. Kirk Cousins muss liefern – das war meiner Meinung nach zu wenig 2018. Die O-Line hat ihm 2018 sicherlich auch nicht geholfen, hierbei könnte Rookie Garrett Bradbury direkt großem Impact haben. So schwer es mir fällt dies zu sagen: ich sehe die Vikings, trotz hartem Schedules, dieses Jahr als Favorit auf die Krone in der NFC North.
Max: Minnesota ist wie letztes Jahr auch 2019 sehr stark. Eine defensive Meisterleistung wie noch 2018 erwarte ich dieses Jahr allerdings nicht. Denn wie schon von vielen “stats guys” des NFL-Zirkus beleuchtet, war der Erfolg der Vikings-Defense nicht konsistent, sondern von vielen Plays geprägt, die mal so oder so ausgehen können – und 2018 auffällig oft in Richtung der Vikings geschwankt sind. Stefon Diggs, Adam Thielen, Kyle Rudolph und Dalvin Cook sind aber sehr gefährliche Waffen einer guten Offense. In eurer Defense sehe ich vor allem das Backfield als eine schwere Aufgabe an. Mal schauen, was die Vikings dieses Jahr erreichen können. Ich gehe aber ehrlich gesagt von einem starken dritten Platz in der Division aus. Die Bears sind zu stark und ich hoffe einfach, dass die Packers am Ende vorne landen.
4. Ihr gewannt im Liga Opener am gegen Chicago auf eher untypische Weise. Mit dominierender Defense und stotternder Offense. Lag es nur am Gegner oder sind das die “neuen” Packers? Und welche anderen neuen Erkenntnisse konntest Du aus dem Auswärtssieg ziehen?
Rene: Ich würde nach Woche 1 erstmal keine voreiligen Schlüsse ziehen. Ja, der Sieg war untypisch – noch zweifle ich aber daran, dass wir noch viele solcher Siege sehen werden. Dass die Defense dieses Jahr stark verbessert im Vergleich zu den Vorjahren ist, davon gehe ich fest aus. Die “Dominanz” im Spiel gegen die Bears würde ich aber tatsächlich eher auf Trubisky schieben, der einfach ein absolut schwaches Spiel gezeigt hat und es der Defense oftmals nicht schwer gemacht hat. Besser bewerten kann man die Defense nach ein paar Wochen, wenn man auch gegen potentere Offenses gespielt hat. Offensiv stotterte der Motor noch ziemlich. Rodgers machte ein schwaches Spiel, Adams war nahezu komplett abgemeldet – es ging eben auch gegen eine sehr starke Defense. Positiv aufgefallen sind mir definitiv die FA-Verpflichtungen auf OLB, die beide ein sehr gutes Spiel gemacht und mit reichlich Pressure und Sacks überzeugten. Die O-Line hielt zwar Khalil Mack relativ gut zurück, hatte dafür aber reichlich Probleme mit Akiem Hicks und Leonard Floyd.
Max: Teil-teils. Die “neuen” Packers gibt es tatsächlich. Und in Woche 2 gegen die Vikings könnte ein ähnliches Bild entstehen wie gegen die Bears. Die Offense ist nicht eingespielt und hat noch lange nicht alles verinnerlicht, was sie sollte. Sie befindet sich einfach noch in einer Lernkurve, die bei der Defense jetzt abgeschlossen ist. Bis mindestens Mitte der Saison erwarte ich von der Defense durchschnittlich eine bessere Leistung als von der Offense. Viele neue Erkenntnisse konnte ich aber aus Woche 1 nicht ziehen, für ein Fazit ist ein einziges Spiel noch viel zu wenig. Was aber auffällt: Das ganze Geschreibsel von einem zerrütteten Verhältnis zwischen LaFleur und Rodgers ist Quatsch. Die beiden verstanden sich absolut super und Rodgers übergab LaFleur in der Kabine noch mit einer sehr launigen Ansprache den Game Ball als Andenken. Die Stimmung in der Mannschaft scheint exzellent, Brian Gutekunst scheint eine tolle Truppe zusammengestellt zu haben, die Chemie passt – unabhängig von der spielerischen Ausbeute, denn wie es scheint, hat er in der Free Agency nur Home Runs getroffen!
5. Green Bay hat mit Randall Cobb einen erfahrenen Passempfänger gehen lassen und agiert jetzt hinter dem ersten Wide Receiver Devante Adams sehr jung und unerfahren. Mit Marquez Valdes-Scantling konnte eure #2 bereits gegen Chicago auf sich aufmerksam machen. Was zeichnet den 24-Jährigen schon aus und in welchen Bereichen besteht noch Potential nach oben?
Rene: Zuerst einmal: für die knapp 5 Mio$, für die Randall Cobb in Dallas unterschrieben hat, hätte ich ihn definitiv eine weitere Saison gehalten. MVS ist in seinem Rookie-Jahr 2018 wegen der Verletzungen im WR-Corps bereits in 10 Spielen gestartet und legte eine solide Rookie-Saison hin: 15,3 YPR bei 38 Catches, dazu 2 TD. Dieses Jahr muss er, bedingt durch das recht unerfahrene WR-Corps (nur 3 WRs mit mehr als einer NFL-Saison), zwangsweise einen Schritt nach vorne machen – das weiß er wohl selbst und hat daraufhin Teile der Offseason in Tampa verbracht, um mit Randy Moss zu trainieren. Physisch hat MVS gute Voraussetzungen (1,93m, 91kg, 4,37 sec 40 yard dash), um dauerhaft eine Rolle in der NFL zu spielen. Letztes Jahr konnte er andeuten, wohin die Reise gehen soll: mit 8 Catches über 20 Yards könnte er in Green Bay die Rolle des Deep Threats einnehmen.
Max: Das mit Randall Cobb musste sein, oder? Mamma mia, ihn in der Cowboys-Uniform zu sehen tat schon sehr weh. MVS hatte gegen die Bears tatsächlich ein ordentliches Spiel, hatte vier Receptions für 52 Yards und sorgte ganz besonders im einzigen Touchdown-Drive der Packers mit einem tollen Catch für 47 Yards für Aufsehen. Er hat enorme Upside, ist wahnsinnig schnell, kann aber auch die kurzen Routen laufen. Im ersten Jahr noch häufig als Deep Threat gesehen, der nur tief gehen kann, überzeugte er in mehreren Spielen mit Out-Routes und Comebacks für 10, 12 Yards. Diese Vielseitigkeit muss er noch viel öfter zeigen! Wenn er noch an seinen Abstimmungsproblemen arbeitet, dürfte einer guten Zusammenarbeit mit Aaron Rodgers nichts mehr im Weg stehen.
6. In der Offseason – sei es Free Agency oder Draft – habt Ihr massiv in die Defense investiert. Welche Zugänge werden sich eurer Meinung nach am schnellsten bemerkbar machen?
Rene: Wie bereits erwähnt haben Smith&Smith einen sehr guten Eindruck hinterlassen und fast alle Snaps auf OLB absolviert. Darnell Savage und Adrian Amos spielten sogar 100% der defensiven Snaps und wussten ebenfalls zu überzeugen. Müsste ich mich auf einen hiervon festlegen, gehe ich mit Za’Darius Smith und prognostiziere ihm 10+ Sacks dieses Jahr.
Max: ZaDarius Smith und Preston Smith überzeugten bereits gegen Chicago. Insbesondere “Z” überzeugte auch schon im Training Camp und er wird meiner Meinung nach der Impact Player Nummer 1 diese Saison sein. Aber auch Adrian Amos zeigt bereits, dass er eine Verstärkung gegenüber dem letztjährigen HaHa Clinton-Dix ist, der bei den Bears geradezu wieder aufblüht. Das freut mich für ihn, wäre nur schön, wenn er es bei den Packers auch gezeigt hätte, wo er letztes Jahr besonders durch seine Lustlosigkeit auffiel.
Extra Point: Deine beiden Packers Players2watch und dein Tipp für Sonntag?
Rene: Jaire Alexander: Ihm werden schwierige Matchups mit Stefon Diggs und Adam Thielen bevorstehen, er muss sich hier als #1-Corner beweisen.
Kenny Clark: Sollte gegen die vielleicht noch etwas wacklige OLine der Vikings ordentlich interior Pressure auf Cousins ausüben können
Pick: Packers 20 – Vikings 24
Max: Gegen die Packers D-Line wird ein Spiel wie gegen die Falcons, die euch die erste Hälfte einfach laufen haben lassen, nicht erfolgreich sein. Dann gilt es, auf Kirk Cousins zu achten. Bei den Packers bin ich vor allem an der Performance der O-Line, insbesondere der beiden Guards interessiert, die gegen den zugegebenermaßen verrückten Pass Rush der Bears schwach aussah. Und ich bin auf die Performance von RB Aaron Jones gespannt, der gegen die D-Line der Bears auch nicht überzeugen konnte. Ich glaube, dass das ein Spiel sein könnte, das in den Trenches entschieden wird.
Pick: 17-13 für die Packers.
Wir bedanken uns herzlich bei Rene und Max für die Bereitschaft zur Teilnahme am Interview und die schnelle und kompetente Beantwortung der Fragen!