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Pick6 – Das Kurzinterview – Week2, Indianapolis Colts

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Vor jedem Spiel unserer Nordmänner wird ein gegnerischer Fan mit einer Handvoll Fragen gelöchert, was Euch einen ersten Überblick über den Gegner gibt. Für detailreiche Analysen sind Veröffentlichungen, wie Preview und Purple People Talk, verantwortlich. Alles hier gebündelt auf mvfg.de . Viel Spaß!

 

Gesprächspartner: Colts-Fan Sebastian (Twitter: @BasRwe)

1. Die Colts gingen mit vielen Vorschusslorbeeren in die Saison, doch in Week 1 gab es eine überraschende Niederlage gegen den Underdog aus Jacksonville. Welche Erwartungen hattest Du vor der Saison an dein Team und inwiefern haben die sich bereits geändert?

Ballard ist in der Offseason auf Shopping Tour gegangen und hat mit Quarterback Philip Rivers und Defensive Tackle DeForest Buckner (vermeintlich) die fehlenden Puzzleteile für Offense und Defense geholt. Entsprechend war meine Erwartung, dass das über die vergangenen Jahre aufgebaute Team nun so weit ist, als Favorit um den Divisiontitel zu spielen und dann in den Playoffs hinter den Chiefs und Ravens vielleicht für eine Überraschung Richtung Super Bowl zu sorgen.

Die Niederlage gegen Jacksonville war natürlich ein riesiger Schock. Gegen dieses Team war ein Sieg klar eingeplant und die Leistung war ernüchternd. Andererseits hat man dieses Spiel nicht wegen starker Jaguars verloren, sondern vor allem aufgrund eigener Fehler in allen Bereichen. In der Offense ein paar fragwürdige Entscheidungen von Rivers (der sonst ein gutes Spiel machte), Drops zur Unzeit von Wide Receiver TY Hilton und mehrfach schlechtes Playcalling, in der Defense ein desaströser Gameplan und eine mehr als schwache Secondary, ein verschossenes 30-Yard-FG von Kicker Blankenship, das Flashbacks an die letzte Saison heraufbeschwor.

Der Druck steigt nun natürlich rasant, es gibt einiges aufzuräumen und insgesamt ist das Team vielleicht weiter vom Contender weg, als das der Blick durch die Fanbrille gezeigt hatte, aber die Erwartungen für dieses Jahr haben sich noch nicht geändert.

 

2. Wo siehst Du Stärken und Schwächen in Indianapolis’ Kader?

General Manager Chris Ballard hat eine klare Philosophie: Building the trenches! Das zeigt sich auch im Aufbau des Teams.

Offensiv ist die Offensive Line die größte Stärke. Castonzo ist vielleicht der am meisten unterschätzte Left Tackle der NFL, seine Qualität hat man immer dann besonders gemerkt, wenn er gefehlt hat. Mit Big Q [Quenton Nelson] auf Left Guard und Center Ryan Kelly hat man weitere Elite-NFL Spieler und auch Right Tackle Braden Smith und Right Guard Mark Glowinski spielen im System mehr als solide. Man hat(te) vermutlich eines der besseren, weil breit aufgestellten und vielseitigen Running Back Corps mit einem ausgezeichneten Marlon Mack als Lead Back, Taylor als Rookie Hoffnung mit Big Play Potential, Nyheim Hines als Receiving Back und Jordan Wilkins als Change of Pace Back.

Das Receiving Corps dürfte eigentlich keine Schwäche sein, weil es zumindest auf dem Papier extrem talentiert ist mit unterschiedlichen, sich ergänzenden Stärken. Leider müssen diese mit Fragezeichen versehen werden. TY als der Star des Teams hat zwar kaum Spiele in seiner Karriere verpasst, aber in den letzten zwei Jahren zunehmend mit Verletzungen zu kämpfen, genauso wie Parris Campbell, der in dieser Beziehung eine absolute Pechsträhne hatte in seiner Rookie-Saison. Auch bei den Tight Ends muss man nach der Verletzung von Trey Burke (IR) im System von Frank Reich, der TE liebt, die Tiefe hinterfragen.

Defensiv sind die Linebacker das große Prunkstück. Darius Leonard gehört (für mich) zu den besten Defensivspielern der Liga, Anthony Walker hat sich als sein Nebenmann etabliert und ist insbesondere taktisch extrem wichtig. Die Einschätzung der Colts zu dieser Positionsgruppe wird dadurch deutlich, dass man insgesamt 7 LBS in den initialen Roster berufen hat, obwohl in der Regel nur zwei auf dem Platz stehen. Die D-line mit Autry, Houston und insbesondere Buckner sollte ebenfalls extrem stark sein, hier bin ich aber wegen einiger Fragezeichen beim Pass Rush eher verhalten optimistisch. Große Hoffnung in diesem Bereich ist Kemoko Turay, der zu Beginn der vergangenen Saison auf dem Weg zu einem Breakout war, bevor ihn eine Knöchelverletzung (bis heute) außer Gefecht setzte. Wenn er da anknüpfen kann, wird er noch viel Spaß machen.

Das größte Fragezeichen verursachte vor der Saison die Secondary und dieses ist durch die Performance gegen die Jags nicht kleiner geworden. Rock Ya-Sin zeigte extremes Potential, muss aber dieses Jahr einen Sprung machen. Das Nicht-Ausüben der 5th-Year-Option von Free Saftey Malik Hooker war für alle Fans und Beat Writer überraschend, spiegelte aber letztendlich seine eher wechselhaften Leistungen wieder. Was die Neuzugänge Rhodes und TJ Carrie noch draufhaben, muss sich erst noch zeigen.

 

3. Was erwartest Du als Colts-Fan von Minnesota dieses Jahr?

Aus der Ferne betrachtet waren die Vikings immer ein sympathisches, wenn auch nicht aufregendes Team mit einer starken Defense und einer soliden Offense. Ich erwarte Minnesota wieder im Kampf um die Divisionkrone mit dem Potential, in den Playoffs tendenziell ein Außenseiter, aber unbequemer Gegner zu sein.

 

4. Der namhafteste und wichtigste Neuzugang für euch war Philip Rivers. Der 38-Jährige soll das QB-Play Contender-tauglich gestalten und gleichzeitig von der starken Protection profitieren. Wie zufrieden warst Du mit seinem Debüt, wie lange wird Rivers deiner Meinung nach für die Colts spielen und welche Receiver werden am meisten vom Upgrade profitieren?

Nachdem sich die erste Enttäuschung gelegt hat, war ich eigentlich recht zufrieden mit seinem Debüt. Er hat genau das gezeigt, was man erwarten konnte und letztendlich auch, was man sich als Colts-Fan nach letztem Jahr erhofft hat. Er hatte die Offense im Griff hat viel versucht, viele gute Pässe gespielt, aber eben auch 2-3 richtig dumme Entscheidungen (die dann direkt in zwei Interceptions resultierten). Sein Lieblingstarget im ersten Spiel war Parris Campbell, der immer wieder in eine gute Position gebracht wurde, seine Schnelligkeit auszuspielen und YAC [Yards after Catch] zu generieren. Profitieren sollte auch TY Hilton, da Jacoby Brisset im letzten Jahr ein Verhältnis zu Deep Balls hatte wie der Teufel zu Weihwasser.

 

5. Euer Workhorse Marlon Mack hat sich am Sonntag leider die Achillessehne gerissen und fällt somit für die Saison aus. Welche Backs werden die Last übernehmen? Wie schwer wiegt die Verletzung für das Team?

Die Verletzung ist unglaublich bitter, insbesondere für Marlon Mack selbst. Er hatte sich als Leadback etabliert und hatte auch am Wochenende einen extrem guten Start ins Spiel, bei dem er zunehmend über Screens auch ins Passing Game eingebunden wurde. Nachdem er bislang mit dem Gehalt eines Viertrundenpicks unterbezahlt war, wollte er sich nun im Contract Year einen großen Vertrag sichern. Stattdessen könnte dies für ihn das Ende in Indianapolis bedeuten.

Aus Team-Sicht ist die Verletzung zwar durchaus bitter, sollte aber aufzufangen sein. Frank Reich predigt den Running-Back-Committee-Ansatz und hat mit Rookie Jonathan Taylor einen Ersatz in der Hinterhand, der schneller als erhofft die größere Rolle einnehmen muss, die ihm von großen Teilen der Medienwelt sowieso zugeschrieben wurde. Dazu kommt mit Nyheim Hines ein Receiving-Back, der mit zwei TDs gegen die Jags durchaus einen guten Start in die Saison hatte. Nimmt man darüber hinaus noch Jordan Wilkins als Change of Pace Back mit in die Gleichung, sollte die Verletzung zu kompensieren sein.

 

6. Der Star in der Defensive ist Linebacker Darius Leonard. Wir haben uns seit seinem Draft in 2018 oft über ihn ausgetauscht und ich habe zugegebenermaßen etwas gebraucht um seine volle Qualität anzuerkennen. Was macht den 25-Jährigen so besonders? Und welche Rolle spielt unser alter bekannter Xavier Rhodes in eurer Defense?

Man wird oben schon erkannt haben, dass ich ein Riesen-Fan von Leonard bin, deshalb behaupte ich erst gar nicht, da vollkommen neutral zu sein. Er ist ein unglaublicher Athlet mit Sideline-to-Sideline Range und dem absoluten Willen, in jedem Play alles zu geben und sich immer weiter zu verbessern. Dass er tackeln kann, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben, er hat aber darüber hinaus immer das Potential für Big Plays und geht jedes Mal auf den Ball. Darüber hinaus ist er unglaublich effizient im Pass Rush, nicht unbedingt als “direkter” Rusher, sondern eher als (verzögerter) Blitzer. Darüber hinaus hat er sich auch in der Pass Defense deutlich verbessert und das von einem Level, wo ihn die Colts in seiner Rookie-Saison 1-on-1 gegen einen gewissen DeAndre Hopkins stellten. Dass er dabei das Spiel immer besser versteht und dies auch zu nutzen weiß, konnte man z.B. im Spiel gegen die Buccaneers letzte Saison erkennen, wo er mit zwei Interceptions individuell eine herausragende Leistung lieferte. Zusammenfassend, um die Frage zu beantworten: Leonard spielt alle Aspekte seiner Position auf einem extrem hohen Niveau und ist immer für einen Turnover gut.

Xavier Rhodes soll bei uns der Ersatz für Pierre Desir werden und ist neben Rock Ya-Sin der zweite Starter auf Outside Corner. Im als Grundsystem gespielten Cover-2 der Colts soll er oftmals in Zone-Coverage das Spiel vor sich halten und tendenziell große Raumgewinne verhindern.

 

Extra Point: Deine beiden Colts Players2watch und dein Tipp für Sonntag?

Ich versuche an dieser Stelle mal von den offensichtlichen Namen wegzugehen: Darius Leonard in der Defense und Philip Rivers/Jonathan Taylor in der Offense.

Offensiv ist neben Nyheim Hines auf jeden Fall Parris Campbell einen Blick wert. In seiner letztjährigen Rookie-Saison hatte er buchstäblich die Seuche und kam aufgrund diverser Verletzungen (aus dem Kopf: Wade, Knöchel, Hand/Daumen) nie richtig in Fahrt. Jetzt ist er fit und hat sein Potential im ersten Spiel mehr als angedeutet.

Defensiv möchte ich den Blick auf einen Spieler lenken, der in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals untergeht, aber unglaublich wichtig für das System ist. Nickel-CB Kenny Moore. Er ist ein sehr giftiger Corner, extrem gefährlicher Blitzer und bildet mit Buckner und Leonard die Achse, die die Colts-Defense auf das nächste Level heben soll.

Pick: Colts 31-24 Vikings

Mein Tipp geht grundsätzlich auf die Colts! Ich denke, dass es ein knappes Spiel wird, aber die Colts mit Wut im Bauch, einem deutlich verbesserten Gameplan und zumindest einem psychologischen Heimvorteil am Ende den entscheidenden Punch mehr landen werden.

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Wir bedanken uns herzlich bei Sebastian für die Bereitschaft zur Teilnahme am Interview und die schnelle und kompetente Beantwortung der Fragen! Wir wünschen allen Interviewpartnern und deren angehörigen beste Gesundheit.

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